Telefonakquise – was ist erlaubt?

Autor: Michael Häfelinger
Veröffentlicht am: 25. März 2014
Kategorie: Akquise, Marketing, Rechtliches

Telefonieren gehört zum Geschäftsleben offensichtlich unverzichtbar dazu. Ständig bimmelt ein Telefon oder Handy und hält einen von anderen Dingen ab. Weil die Menschen quasi immer ein Ohr an der Hörmuschel haben, lag es nahe, das Telefon auch als Marketing-Instrument einzusetzen. Weil unerwünschte Telefonwerbung aber mehr als nur nervt, wurden die Möglichkeiten zum Telefonmarketing drastisch beschnitten. Dieser Artikel gibt eine Überblick, was erlaubt und was verboten ist.

Die Grundlage: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Telefonmarketing – also Telefonanrufe zu Werbezwecken – wird im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt. In der Version vom 9. stellt §7 („Belästigende Werbung“) zunächst grundsätzlich klar, dass jede Art von Belästigung durch Werbung verboten ist:

„Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.“

Präzisiert wird das Telefonieren in § 7 Abs. 2 Nr. 2. Danach ist die

„Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung“

stets eine Belästigung und damit untersagt. Dabei spielt es keine Rolle, ob selbst angerufen oder ein anderes Unternehmen damit beauftragt wurde.

Spannend ist die Differenzierung zwischen „Verbrauchern“ und „sonstigen Marktteilnehmern“.

Verbraucher

So genannte „Cold calls“, bei denen Privatpersonen ohne vorherigen Kontakt angerufen werden, sind verboten. Die „vorherige ausdrückliche Einwilligung“ muss vor dem Telefonat vorliegen, sie zu Beginn des Gesprächs einzuholen genügt nicht.

Das erklärt die üblichen Häkchen bei Preisausschreiben, Buchungen oder Bestellungen, bei denen immer mehr oder weniger ein „ich möchte informiert werden“ enthalten ist.

Die sonstigen Marktteilnehmer: Unternehmen, Institutionen etc.

Hier fordert der Gesetzgeber eine „mutmaßliche Einwilligung“. Das Gesetz präzisiert die Anforderungen daran nicht.

Laut verschiedener BGH-Urteile – eine inhaltliche Agfbereitung findet sich z.B. bei omsels.info – ist erforderlich, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung zum jetzigen Zeitpunkt vermutet werden kann. Maßgeblich sei demnach,

„ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen.“

Wichtig: Dabei ist es unerheblich, ob ein tatsächliches Interesse vorliegt. Selbst wenn der Angerufene Interesse an dem Angebot zeigt und es in der Folge möglicherweise sogar zu einem Abschluss kommt, bleibt das Verhalten wettbewerbswidrig, wenn die Voraussetzungen der belästigenden Werbung erfüllt sind. Neben Ärger mit den Angerufen kann man sich also auch noch Ärger mit den Konkurrenten einhandeln – schließlich geht es um das „Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb“.

Wann darf ein Unternehmen eine Unternehmen anrufen (lassen)?

Ein Interesse an einem Anruf durch einen Gewerbetreibenden kann insbesondere dann angenommen werden, wenn das Telefonat in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht. Wir Unternehmervoaches dürften unsere Coachees also auch telefonisch über die nächste Unternehmercouch oder einen Umzug informieren.

Die mutmaßliche Einwilligung ist aber nicht nur auf bestehende Geschäftsbeziehungen beschränkt. Hier sind vor allem auf die Umstände vor dem Anruf und der Art und Inhalt der Werbung relevant. Die IHK Frankfurt am Main hat einige Indizien zusammengestellt, die hier 1:1 wiedergegeben werden:

  • Verwendbarkeit des Produkts im Kernbereich des angerufenen Unternehmens
    (der Rückschluss lediglich aus der Branche kann gefährlich sein;
    nicht ausreichend, da nicht im Kernbereich: Büromaterial braucht jeder Unternehmer,
    nicht ausreichend: Verein gibt auf seiner Homepage eine E-Mail-Adresse an – dies ist keine konkludente Einwilligung, gewerbliche Anfragen nach Platzierung von Bannerwerbung auf der Website des Vereins per E-Mail zu empfangen; dies lässt sich auf Telefonwerbung übertragen
    ggf. ausreichend, da Kernbereich: Gebrauchtwagenangebot an einen Gebrauchtwagenhändler)
  • besondere Eilbedürftigkeit (z. B. Angebot von leicht verderblichem Edelfisch an ein Restaurant),
  • objektive Günstigkeit des Angebots (ein objektiv ungünstiges Angebot schließt jedenfalls nach BGH die mutmaßliche Einwilligung aus)
    Beispiel: Bei einem Bauhandwerksunternehmen (z. B. Tischlerei) ist nicht davon auszugehen, dass es mutmaßlich an einer telefonischen Werbung für eine hinsichtlich ihres Inhalts und Umfangs nicht näher bestimmte Vermittlungsleistung (z. B: Bauauftrag wie „Herstellung von Innentüren“) interessiert ist, die durch eine nicht unbeträchtliche und zudem im Voraus zu erbringende Gegenleistung („Provision plus einmalige Aufwandsabgeltung in Höhe von mehreren tausend Euro“) abzugelten ist.
  • Verfügbarkeit des Produkts/erhöhter Bedarf (z. B. aktuelle und trendige Produkte wie der „iPod“ kurz nach Markteinführung für einen Wiederverkäufer, der an einer schnellen Lieferung und schneller Verfügbarkeit interessiert sein dürfte). Alleine die Möglichkeit, neue Aufträge erhalten zu können, rechtfertigt keine unerbetenen Telefonanrufe.

Fazit

Telefonmarketing ohne vorherige Geschäftsbeziehung („cold calls“) von Unternehmen an Unternehmen ist nur in sehr eingeschränkten Fällen möglich. Das Risiko einer Fehleinschätzung trägt der Werbende – und die kann mit bis zu 300.000 Euro (sehr) teuer werden. Aus meiner Sicht sind andere Wege erheblich einfacher zu beschreiten.Telefonieren würde ich nur mit bestehenden Geschäftskontakten – wobei ein Kennenlernen auf einer Veranstaltung bereits alle Kriterien für einen Kontakt erfüllt.

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