Das 1×1 des Textens IV: Über den sparsamen Gebrauch von Fremdworten

Autor: Michael Häfelinger
Veröffentlicht am: 17. Januar 2008
Kategorie: Marketing, Werbung

Fremdworte werden immer wieder als Mittel verwendet, um den eigenen Worten mehr Gewicht zu verleihen. Dabei bleibt die Verständlichkeit häufig auf der Strecke, denn hinter den tollen Begriffen verbirgt sich oft nur die sprichwörtliche heiße Luft. Wann Fremdworte und Fachausdrücke auch in einem guten Text zulässig sind, zeigt der folgende Beitrag.

Gerade im Marketing beobachte ich immer wieder, dass Agenturen die Kunden mit aufgeblähten Worthülsen konfrontieren. Offensichtlich geschieht dies in der Hoffnung, sie mit Ihrer Kompetenz zu beeindrucken oder um klarzumachen, wie sehr sie im Trend liegen. Dabei ist Schopenhauers Forderung „gebrauche gewöhnliche Worte und sage ungewöhnliche Dinge“ der einzig auf Dauer erfolgreiche Trend im Kundenkontakt!
Um nicht falsch verstanden zu werden: Fremdworte sind kein Teufelszeug. Es gibt relativ einfache Regeln, wann Fremdwörter sehr wohl eingesetzt werden sollten, wann ihr Gebrauch zumindest zulässig ist und wann sie besser vermieden werden.

Der Gebrauch eines Fremdworts ist angebracht, wenn

  • es schon lange Eingang in die deutsche Sprache genommen hat und schon gar nicht mehr als solches erkannt wird: Büro, Spaghetti, Cabrio
  • es ein Fachbegriff ist, der einen exakt umrissenen Gegenstand oder ein Phänomen beschreibt: Magma, Pubertät, Capuccino
  • es als expliziter Fachbegriff Wertfreiheit erzeugen soll: Penis, Traumata
  • das deutsche Wort hoffnungslos veraltet ist: Sex statt Beischlaf
  • es zum beschriebenen Kontext gehört: Tschador statt Kopftuch
  • es keine deutsche Entsprechung hat: Router, Hedge-Fonds

Zulässig – aber je nach textlichem Niveau vielleicht doch besser zu vermeiden – ist der Gebrauch, wenn

  • das Fremdwort dem deutschen Wort in der Praxis gleichgestellt ist: Konflikt statt Auseinandersetzung
  • sich die Benutzung des Fremdworts sehr eingebürgert hat: Download, Computer
  • der Begriff eingeführt wird: „Im Jahr 2000 konnte man den Eindruck gewinnen, bei den Existenzgründern der neuen Generation ginge es vorrangig um den Börsengang, den „initial public offering“.“

Besser vermieden wird ein Fremdwort — wenn es ein besseres deutsches Wort gibt. Das sind alle Worte, für die die oberen Regeln nicht gelten.

P.S.: Unzulässig sind Fremdworte, wenn sie schlichtweg falsch verwendet werden. So findet sich in sozialwissenschaftlichen Texten immer wieder der Begriff „sensitiv“. Damit sind dann aber nicht korrekterweise diejenigen Empfindungen der Körperflächen gemeint, sondern der Begriff wird aus dem Englischen entlehnt. Und auf Deutsch übersetzt bedeutet er schlicht und ergreifend „sensibel“.

Zweites Beispiel ist der Begriff der „Administration“, der immer wieder im politischen Journalismus bemüht wird. Als lateinisches Wort bedeutet es im Deutschen „Verwaltung“, in den USA bezeichnet es die Regierung.

P.P.S.: Was bei der überzogenen Verwendung von Fremdwörtern herauskommt, zeigt die Studie der Kölner Agentur „Endmark“ zu falsch verstandenen Werbeslogans. Hier können sie sich ein Bild davon machen.

Schreibe einen Kommentar