Wie verkaufe ich Qualität? Der „informierte Konsens“

Autor: Michael Häfelinger
Veröffentlicht am: 11. März 2009
Kategorie: Marketing, Psychologie, Erfolg & Motivation, Vertrieb, Werbung

Verkaufen ist eine Kunst. Immer wieder stehen Unternehmen vor dem Problem, ihr Produkt an den Mann oder die Frau zu bringen. Eine der generellen Marketingstrategien ist die so genannte Qualitätsführerschaft, in der sich das Unternehmen mit seinen Produkten durch die hohe Qualität auf dem Markt abzugrenzen versucht. Aber: Qualität hat ihren Preis. Der Preis ist fast immer deutlich höher als der Marktpreis der Discounter. Wie kann der am Markt durchgesetzt werden? Durch gezielte Information.

Die Idee des „informierten Konsenses“

Eigentlich ist die Idee ganz einfach: Das Unternehmen erzählt dem Kunden, was es mit dem Produkt alles so Tolles auf sich hat, und der Kunde erkennt daraufhin die Qualität des Angebots. Das Bewusstsein, dass die Qualität den Preis rechtfertigt, erhöht die Zahlungsbereitschaft. Beide Parteien sind gleichermaßen informiert, die Transparenz des Marktes ist hergestellt, der Preis ist der, der Angbot und Nachfrage zusammenführt. Über die Information wurde also ein Konsens über die (Ver-)Kaufentscheidung hergestellt. Das ist „informierte Konsens“, mit dem Qualität auf dem Markt höhere Preise durchsetzen kann.

Soweit die Theorie.

Die häufige Praxis der Produktpräsentation

Die Praxis sieht leider ganz anders aus. Zwischen Kunde und Anbietern besteht fast immer ein Informationsgefälle. Das wird zum Beispiel bei Computern ganz besonders deutlich. Woran orientiert sich der Kunde? An der Taktfrequenz des Prozessors und an der Größe des Speichers und der Festplatte. Ein Beispiel? Was verstehen Sie bitte von folgenden technischen Angaben eines Angebots, das ich im Internet recherchiert habe:

MSI P45 Neo-F
Intel Core 2 Quad Q6600 4x 2.40 GHz BOX
4096MB DDR2-800 PC-6400 Corsair Twin2XCL4 KIT
750 GB Samsung HD753LJ 32MB | SATA-300
Gainward GeForce GTX260 T2xD 896MB | PCIe
LG GH-H22NS40 black bulk S-ATA
620 Watt Corsair CMPSU-620HXEU
*171* Sharkoon Rebel9 Economy Black

Also ich nehme mit: Intel-Prozessor, 2,4 GHz, 4 GB Speicher, 750 GB Festplatte . Der Rest ist unverständliches Kauderwelsch. Was macht es bitte für einen Unterschied, ob ich mir einen 620 Watt Corsair CMPSU-620HXEU oder einen 500 Watt BeQuiet! Straight Power BQT E6-500W leiste?

Da können Sie mir alles verkaufen – und seien Sie sicher, dass sich genau hier Spreu vom Weizen der Anbieter trennt. Nur: Wie – bitte schön – wollen Sie bei den kryptischen Angaben den Unterschied klar machen? Die Verkaufsberatung artet ja in ein regelrechtes Seminar aus, bei dem der Kunde nach dem zweiten Punkt aussteigt und mit den Augen rollt.

Die Lösung: Relevante Information statt Leistungsschau

Wie Produktinformation als Unternehmenskultur funktioniert und wie damit hohe Preise für hohe Qualität durchgesetzt werden, macht mustergültig die Firma Manufactum vor. Kennen Sie deren Produktbeschreibungen? Nein? Dann genießen Sie die Beschreibungen für Produkte aus einer Zeit, als es noch die „guten Dinge“ gab. Das Schielen aufs Preisschild verbietet sich freilich manchmal.

Was passiert mit Ihnen als Kunde? In dem Bewusstsein, sich etwas qualitativ ganz besonders Hochwertiges geleistet zu haben, werden Sie sich – sofern der Anspruch dann auch eingelöst wird – in Zukunft ständig soufflieren: „Welch guter Kauf, welch ein Glück, dass ich das Geld investiert habe“. Sie sind sich durch die Informationen der Qualitäten des Produkts bewusst und genießen diese in vollen Zügen – und akzeptieren den Preis, sind also im Konsens.

Wie kann jetzt der Computerhersteller darauf reagieren? Er kann z.B. gezielter informieren, warum der PC so konfiguriert wurde. Gerade weil ich kein Computer-Fachmann bin, kann ich die Argumentationen, die ich hören will, benennen:

  • Sie wollen einen Office-Computer, auf dem geschrieben und gerechnet wird? Der muss von der Rechnerleistung eigentlich nur die Standards erfüllen. Da  sollten Sie das Geld vor allem in den Bildschirm stecken und sich eine anständige Tastatur leisten. Vielleicht brauchen Sie ja da nicht einmal Boxen, von daher ist das On-Board-Audio-System auch völlig ausreichend. Auch ein vernünftiges Sicherungssystem wäre nicht schlecht.
  • Sie wollen vor allem Grafiken daran erstellen? Ein Grafik-Computer benötigt dagegen eine ganz andere Grafikkarte, Bilder und Filme sind zudem speicherhungrig. Also achten Sie auf große Platten.
  • Sie wollen aber einen Spiele-Computer, den Sie auch zum Filme sehen benutzen wollen? Da will auch das Audiosystem aufgerüstet sein. Ja, schreiben können Sie auch auf dem, aber außer einer externen Platte brauchen Sie eigentlich kein Daten-Sicherungskonzept.

Nachdem ich soweit mitgegangen bin, lasse ich mir dann auch in Ruhe erklären, welche Vorteile eine SATA-Festplatte hat. Und ich verstehe auch, warum im Office das leise Silent-Gehäuse wichtiger ist als das mit dem stärkeren Corsair-Netzteil. Und ich werde mich genauso freuen, dass ich das Geld für diesen flüsternden Ventilator ausgegeben habe, wenn ich jeden Tag am Rechner sitze.

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